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Und plötzlich war er da

Eine wahre Geschichte
 

 

Eine Geschichte, von und mit Joris der Taube

 

Das Leben schenkt einem meist die schönsten Geschichten, ganz unerwartet und unverhofft steht man vor einer und man muss sie nur noch niederschreiben.

Vor einigen Wochen, da trug es sich zu, das Joke auf unseren Balkon ging. Sie kam zurück in die Wohnung und meinte: „Auf unserem Balkon sitzt eine fast weiße Taube und zahm scheint sie auch zu sein.“
Ich konnte es ja nicht fassen.  Ok, wir sind große Tierliebhaber und stellten schon im vergangenen Jahr einen Futternapf zur Winterzeit nach draußen und eine kleine Schale mit Wasser. Es dauerte eine Weile, da kamen die ersten kleinen Besucher, Amseln. Wir freuten uns wirklich sehr und waren überglücklich.
Natürlich trieb mich, nach dem gehörten, die Neugierde nach draußen und ich wollte mir den neuen Balkongast ansehen.
Langsam und mit Bedacht öffnete ich die Balkontüre. Unter keinen Umständen wollte ich den Vogel erschrecken, er hätte ja auch verletzt sein können und war nun auf der Suche nach Hilfe.
Er sah mich an, ich sah ihn an und plötzlich war er da, bei uns und in unseren Herzen.
Behutsam versuchten wir mit ihm Freundschaft zu schließen und ihm zu deuten, das wir keine Feinde, sondern Freunde seien.
Joke besorgte Futter für Tauben und ihr mir wuchs die Angst, das man uns wegen den verhassten Taube Ärger machen könnte. In unseren Land mag man sie nicht. Sie werden gejagt, getötet oder vergiftet.
Nun begannen meine Gedanken sich im Kreise zu drehen. Eine völlig zahme und fast weiße Taube, kam einfach so zu uns. Sie erwählte sich unter den über 20 Balkonen unseren. Ich verstand es nicht und tue es wohl bis heute nicht.
Er blieb den ganzen Tag, fraß, trank und pünktlich um sechs Uhr, flog er davon. Komisch, aber schon am ersten Abend wurde mein Herz schwer. Ich war traurig und dachte, das er vielleicht nie wieder kommen würde, doch ich wurde eines besseren belehrt.
Schon am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, kam er wieder angeflogen, nahm auf dem Tisch Platz und schaute uns in die Wohnung.
Wieder und wieder wanderte ich nach draußen, reichte ihm vorsichtig die Hand und näherte mich ihm auf sanfte Weise. Er blieb misstrauisch, aber das akzeptierten wir Beide.
So kam es, das er eine Woche lang, jeden Morgen kam und jeden Abend ging. Ein freier Vogel eben.
Ich unterhielt mich oft mit Joke über unseren neuen, tierischen Freund.
Einmal sagte ich zu ihr: „Was denkst du, was da wohl für eine Seele drin wohnt?“, uns sie antwortete mir: „ Mein Vater hat einmal zu mir gesagt. Wenn ich einmal sterbe, dann kehre ich als Taube zurück.“
Ich fragte mich, ob so etwas möglich sein könnte und ob die Seele ihres Vaters, vielleicht wirklich die gewünschte Taube bekommen hatte und er sich auf die Reise gemacht hatte um sein Kind zu finden.
Ja, jeder erklärt mich und meine Gedanken für verrückt, aber die ganze Geschichte ist verrückt.
An einem regnerischen Tag, saß Joris, so hatten wir ihn zwischenzeitlich getauft, auf dem Tisch und wurde pitschnass geregnet. Mein Herz blutete, er tat mir unendlich leid. Ich wanderte also los, griff nach einem großen Schirm und einer Rolle Klebeband, ging auf den Balkon und befestigte irgendwie diesen Schirm über seinem Kopf.

 

 

Joris schaute aufmerksam zu. Sein Kopf ging immer hin und her, so als würde er verstehen, was ich da mache. Keine Scheu, keine Angst.
Als ich meine wackelige Konstruktion fertig hatte, schob ich Joris in die beschützteste Ecke und er blieb dort sitzen.
Meinem Herzen ging es wieder gut und ihm wohl auch.
An einem besonderen Abend, wir werden ihn nie vergessen, weil er sowieso besonders war, da hatten wir zum ersten Mal den Eindruck, das Joris bei uns bleiben wollte.
Der Abend, es war der 03. Oktober. Meine Cousine, die ich 23 Jahre nicht mehr gesehen hatte, kam zum ersten Mal mit ihrem Mann zu Besuch.
Auch sie amüsierten sich über den komischen Vogel und ihr Mann war es wohl, der bemerkt hatte, das Joris zurück gekommen war, wohl aber keinen Platz zum schlafen gefunden hatte.
Der Abend wurde lang und schön, doch vergessen hatten wir Joris nicht.
Noch Am gleichen Abend hatte Joke eine Idee, die ich zuerst ein wenig belächelte, aber doch bereitwillig zustimmte, denn schlechter als kein Schlafplatz konnte sie nicht sein.
Früh am nächsten Morgen, gleich nach dem Frühstück, ging Joke in den Keller und zurück kam sie mit dem Objekt, das mich zum Lächeln brachte. Der Deckel einer unserer Katzentoiletten. Ich konnte mir ja beim besten Willen nicht vorstellen, das dieser Vogel dieses Ding, jemals als sein zu Hause betrachten würde und vielleicht sogar freiwillig bleiben würde, aber er hatte uns die Geste gegeben und wir versuchten zu verstehen und zu helfen.
Also kam dieser Deckel auf einen Schrank, er steht draußen. Tja und das war es dann auch. Wie sollte denn der Vogel im Flug in diesen Deckel kommen? Undenkbar, das konnte nur Bruchlandung heißen.
Nun ja, wer aber Joke kennt, der weiß, das sie nicht aufgibt, bis etwas perfekt und nach ihren Wünschen ist. Also wanderte sie durch die Wohnung, auf der
Suche nach einem geeigneten Landeplatz. Sie fand ihn, in Form eines viel zu langen Brettes und mir fehlte jede Vorstellungskraft, wohin dies nun wieder
führen sollte, also schaute ich mit großen Fragezeichen, die über meinem Kopf schwebten zu und stellte keine weiteren Fragen.
Am Ende sah diese komische Konstruktion sogar sehr passabel aus, zumindest in unseren Augen. Joris würde wohl erst von unseren menschlichen Versuchen ihm einen Unterschlupf zu bauen, noch überzeugt werden müssen.
Joke jedenfalls hatte das große Brett unter den Deckel gelegt, so das er, so er denn jemals darauf landen sollte und wollte, eine Art Landebahn hatte, kurz und klein, aber von der Idee her genial.
Wir legten in den Deckel der Katzentoilette Zeitungspapier und stellten ein Schälchen Futter hinein.
Nun war es an Joris uns zu zeigen, ob er wirklich bleiben wollte und ob wir seine Geste vom Vorabend richtig gedeutet hatten.
Joris war ja sowieso den ganzen Tag da und er beobachtete mit scharfen Taubenaugen, was wir denn da wohl so zauberten. Es schien ihm zumindest nicht zu missfallen, denn als es Dunkel wurde und eigentlich seine Zeit in der er ging, gekommen war, machte er einen spärlichen Flughüpfer hinüber auf das Brett und hinauf auf den Deckel.
Gut, wir wussten, das dies ja nun nicht das war, was wir versuchen wollten ihm zu geben, aber da wir froh waren, das er schon mal diese komische Ding
akzeptierte, ließen wir es dabei bewenden ihm zu zusehen, wie er auf einem Bein schlafend, die Nacht auf diesem Deckel verbrachte.
Als wir am nächsten Morgen, noch vor den Frühstück nach draußen gingen um nach ihm zu sehen, da linste er mit einem Auge unter der Feder hervor.
Wir ließen ihn sitzen und waren doch einigermaßen entsetzt darüber, was eine Taube alleine, in einer Nacht für einen Dreck fabrizieren kann.
Nach dem Frühstück kam dann die große Menschputzaktion und Joris watschelte derweil über den Balkon.
Wir legten Folie unter den Tisch auf dem er tagsüber immer saß, anders ging es nicht, dann reinigten wir den Deckel und gingen frühstücken.
Joris machte nicht einmal Anstalten uns wieder zu verlassen, ganz im Gegenteil.
Anstatt als freier Vogel eine Runde zu fliegen, rannte er, wild mit den Flügeln schlagend, über den Balkon. In unseren Katzen regte sich der Jagdtrieb und sie krochen tief auf den Bäuchen rutschend vom Wohnzimmer in die Küche und wieder zurück.
Joris war das hektische Getue völlig egal. Er hatte in der Zwischenzeit bemerkt, das diese bunten und pelzigen Geschöpfe ihn sowieso nicht bekamen, also watschelte er vor ihnen her, gerade so, als wolle er ihnen eben genau dieses Wissen demonstrieren.
Wir indes saßen im Wohnzimmer und bekamen einen Lachanfall nach dem Anderen.
Mehrmals, über den Tag verteilt, ging ich nach draußen, nahm Joris behutsam in die Hände, streichelte ihn, redete mit ihn und setzte ihn wieder und wieder in
seine Behausung. Zwei Sekunden dauerte es, da war er auch schon wieder draußen.
Seien wir mal ehrlich, welcher Vogel möchte schon im Deckel eines Katzenclos leben? Ich würde es auch nicht wollen und eine beinahe weiße, schöne und handzahme Taube, das grenzte ja schon an Erniedrigung.
Nun, ich gab nicht auf und setzte ihn wieder rein, er wieder raus, so ging das über 3 Tage.
Immer wenn es Dunkel wurde, machte Joris diesen merkwürdigen Flughüpfer und setzte sich demonstrativ auf den Deckel, steckte den Kopf in die Federn und das war es dann auch.
Als ich dann am Ende meines Glaubens war und es schlichtweg aufgab, diesem Vogel erklären zu wollen, das man in diesem Ding und nicht darauf schläft, bewies er uns von einer Sekunde auf die andere, das er meine Bemühungen wohl doch irgendwie verstanden hatte.
Von einem Ausflug kehrte er zurück, landete erst auf dem Tisch, trank einen Schluck und dann der Flughüpfer hinüber auf das Landebrett und dann, wir konnten es nicht fassen, ein kleiner Hups und drin war er.
Die Jubelausbrüche kann man ja nicht beschreiben und das lasse ich auch, denn sonst werden wir vollends für verrückt erklärt, weil uns diese Geschichte eh niemand glaubt.
Nun, ja, er war drin und blieb drin.
Wir schlichen uns heimlich und so leise wie es ging mal nach draußen, um zu sehen, was er denn da so macht.
Er lag auf den Bauch, Füße eingefahren und ließ sich von der Sonne bescheinen.

 

 

Unglaublich aber war.
Erwartungsvoll blickten wir am Abend auf die Uhr. Nun war es Zeit, das Joris auf seinen Deckel hüpfte, aber zu unserer Freude, tat er es nicht, er nächtigte zum ersten Mal in seiner Hütte, oder wie immer man das Ding auch nennt.
Die Kälte hat wohl über dieses demütigende Ding gesiegt.
In dieser Nacht schliefen wir besonders gut, denn wir wussten, das es Joris, so er bleiben würde, immer gut gehen solle.
Als wir dann am nächsten Tag, nach dem Frühstück nach draußen gingen, sahen wir die Bescherung auf der Zeitung. Ich griff mir also Joris und legte ihn sanft in meinen Arm, während Joke das Zeitungspapier wechselte und die Drei dicken Steine zum festhalten, der Behausung wieder auf dem Dach platzierte.
Joris zappelte nicht, wehrte sich nicht, machte kein Theater, er blieb brav in meinem Arm sitzen, sah Joke zu und beobachtete alles genau. Sobald sie fertig war, setzte ich ihn wieder hinein.
Dann geschah, was ich ja für unmöglich hielt. Dieser komische Vogel, der einfach und plötzlich in unser Leben geflattert war, verteidigte seine Behausung
aufs Äußerste. Er gurrte und schimpfte und pickte sogar nach uns. Wir hatten unsere Finger nicht in sein Haus zu stecken und dabei wollten wir ihm ja nur
sein Futter reichen, das ebenso wie seine Zeitung nun täglich erneuert wird, aber nur und wirklich nur, unter äußerstem Protest.
Er hatte sie also angenommen, diese verworrene, menschliche Idee, aus einem Deckel vom Katzenclo ein Tauben Zuhause zu basteln.
Tag für Tag, fliegt er wenn die Sonne scheint seine Runden, bleibt oft stundenlang weg. Manchmal treibt ihn der Durst, er holt sich ein Tröpfchen und ist wieder weg. Doch am Abend, da kehrt er zurück, zurück in sein neues Heim, in dem er plötzlich so auftauchte, sich in unsere Herzen flatterte und gurrte und wo er bleiben darf, so lange er es möchte, denn er ist frei, frei wie eben ein Vogel sein sollte.
Würde er eines Tages nicht wieder kommen, dann würde uns wohl das Herz brechen vor Schmerz und Sorge um sein Wohlergehen, aber wir wissen genau.

 

Plötzlich war er da,
auf einmal uns so nah.
Doch wenn ihm der Sinn danach steht,
dann kommt die Zeit, wo er geht.
Doch so lange wie er mag,
sind wir für ihn da, Tag für Tag.
 

Tja, und plötzlich war er da und wann er geht, wir wissen es nicht, aber er hat uns etwas versucht zu sagen und weil er noch da ist, scheinen wir ihn verstanden zu haben.

 

So wie er kam, so ging er

 

Wie das Leben nun einmal so spielt und so wie wir es gefürchtet hatten, so geschah es auch.
Zuerst stellten wir fest, das Joris sich auf unglaubliche Weise an uns gewöhnte. Er ließ sich in den Arm nehmen und schaute aufmerksam zu, wenn sein Haus gereinigt wurde. Wir sahen ihn immer wieder auf der Strasse herum spazieren und hatten Angst um ihn. Noch war hier eine Baustelle und noch fuhren wenig Autos, aber was, wenn sich das ändern würde ?
Wir wussten es nicht, aber die Angst vor Abschied und Trauer machte sich in unseren Herzen breit, so, als hätten wir es gefühlt, gespürt, geahnt.
Heute war es dann soweit.
Er flog wie jeden Tag seine Runden und kehrte immer wieder zurück, hüpfte in sein Haus und kuschelte seinen Kopf in die Federn. So oft schon hatten wir das
gesehen. Es war eine Ruhe, eine Zufriedenheit und eine Sicherheit, die er hier hatte und er schien es uns zu danken.
Um 16.00 Uhr flog er davon. Wir dachten uns nichts dabei, wieso auch, das tat er oft und viel, besonders, wenn die Sonne schien.
Es wurde später uns später und die Sonne neigte sich am Horizont. Joris jedoch kehrte nicht Heim. Verzweifelt standen wir am Fenster, hielten Ausschau nach ihm, aber er kam nicht.
Unsere Herzen wurden schwer und Augen füllten sich mit Tränen.
Immer und immer wieder gingen wir auf den Balkon und warfen einen Blick in sein Haus, aber es blieb verwaist und das ist es noch.
Zurück bleiben wir, mit traurigen Herzen und traurigen Gedanken. Wir sind sicher, das wenn er könnte, er zurück kehren würde, denn er zeigte uns, das er bleiben wollte, so wie er uns zeigte, das er gerne bei uns war und nun ist er weg.
Sein leeren Haus steht nun da, Futter und Wasser warten auf ihn, ebenso wie wir, doch das Einzige was bleibt sind Tränen und sie Erinnerung an unseren fast weißen Vogel.
Das er fort gehen würde, das wussten wir und damit hatten wir gerechnet, aber wir fühlten Beide, das er nicht freiwillig gegangen sein kann und die dunklen Gedanken schmerzten. Sitzt er mit gebrochenem Flügel in einer ungemütlichen Ecke und versucht den Heimweg zu finden, doch er hat nicht die Kraft. Die Ungewissheit ist das, was so tief schmerzt.
Wir wünschen ihm, das er ein anderes, vielleicht ein noch schöneres Heim gefunden hat, aber wir wissen auch, das es dann wohl nicht hier auf Erden ist.
Er hat uns geliebt, wie wir ihn.
Wir haben ihn verstanden und er uns.
Möge er gefunden haben, was er vielleicht sein Leben lang gesucht hat, denn auch wir waren nicht der erste Ort, den er aufgesucht hat und so Gott will, sind wir auch nicht der Letzte.
In Liebe MOJO

Vielleicht war es am Ende aber ja nur eine Seele, die eine Zeit geschenkt bekam um sich zu vergewissern, das es dem Kind gut ging.
Als sie sich davon überzeugt hatte, musste sie gehen, für immer und für alle Zeit.

 

Ein Tag später
 

Gestern Abend schlief ich mit Tränen in den Augen ein. Eigentlich war es kein Schlaf in dem Sinne. Ich träumte oder wünschte. Ich sah Joris noch einmal zu uns zurück kommen. Er saß auf dem Geländer, plusterte sich auf und vollführte einen Tanz. So als wolle er sich bedanken, uns zeigen, das es ihm gut ging.
Dann kamen 3 andere weiße Tauben und mit ihnen flog er davon.
Ich lächelte, weil ich sah, das es ihm gut ging, doch im tiefsten Inneren wusste ich, das er niemals freiwillig gegangen wäre. Im musste etwas geschehen sein.
Heute Morgen führte mich mein erster Weg zu Joris Haus, doch es war verwaist und leer. Mit schwerem Herzen säuberte ich alles, legte neue Zeitung hinein, denn er sollte wissen. Würde er zurück kehren, dann sei er willkommen.
Doch er kam nicht, sein Haus blieb leer und meine Blicke schweiften über jeden Platz, den meine Augen erreichen konnten, immer auf der Suche nach IHM.
Traurig legten wir und auf das Sofa, keine Lust zu essen, keine Lust Fern zu sehen.
Jeder der von uns aufstand, blickte immer zuerst auf den Balkon, aber immer noch war er leer.
Unser Hoffnung schwand.
Dann geschah das Unfassbare, das Wunder, das Unglaubliche. Ich war im Schlafzimmer und plötzlich hörte ich Joke rufen.
„Joris ist wieder da, komm schnell, er ist verletzt.“
Ich rannte sofort in Richtung Balkon und da kam sie mir schon mit Joris in der Hand entgegen.
Er hatte keinen Schwanz mehr und ein gebrochenes Bein. Sofort verfrachteten wir ihn in eine Katzenbox, riefen beim Tierarzt an, gaben ihm Essen und Trinken.
In zwei Stunden fahren wir hin und dann werden wir sehen, ob der mutige und tapfere Joris zum Leben oder zum Sterben zu uns zurück gekehrt ist. Mit all seiner Kraft und Liebe, die er ganz sicher für uns im Herzen tragen würden, denn sonst hätte er sich niemals zu uns zurück gekämpft.
Wir werden ihm helfen, egal wie teuer es ist und wir werden ihn erlösen, egal wie schmerzvoll es ist.
Er liebt uns und wir ihn. Doch, wer liebt, der muss auch loslassen können, aber so Gott will, wird er leben, bei uns und so lange er mag.

 

 

 

Der Besuch beim Tierarzt 

Wir brachten Joris in die Klink. Ein freundlicher Arzt schaute sich den Vogel an und nahm in mit zum Röntgen. Natürlich dauerte es uns allen viel zu lange. Ute war auch gekommen und so langsam viel uns nichts anderes ein als Dummheiten. Wir stellten uns auf die Waage, guckten uns alles genau an, nur damit die Zeit verging.
Nach wohl einer halben Ewigkeit kam der Arzt zurück, mit Röntgenbild, ohne Joris.
Wir erschraken furchtbar, aber er hatte ihn bloß vergessen. Das Bild zeigte und eine schlimme Trümmerfraktur. Das linke Bein war an sechs, ja sogar sieben und acht Stellen gebrochen.
Sogar der Arzt staunte darüber das Joris den Weg zu uns geschafft hatte. Er meinte, das der Vogel uns als sein zu Hause sieht und nur dorthin wollte er zurück.
Joris musste in der Klinik bleiben. Unter Vollnarkose sollte sein Bein geschient werden.

 

 

Nur schweren Herzen ließen wir ihn alleine zurück. Er war zu uns gekommen und nun ließen wir ihn wieder alleine, aber eine Wahl hatten wir nicht.
Erst 4 Stunden später würden wir erfahren, ob alles gut gegangen sei.
Meine Cousine und ihr Mann bemühten sich liebevoll um uns. Sie telefonierten all diese Stunden mit uns, hörten sich unser Gejammer geduldig an und gaben es nie auf und Mut zu zusprechen.
Gegen 20.30 Uhr sagte meine Cousine.
„Ruf doch mal an und frag nach.“
Wir legten auf, ich rief an und hörte.
„Er wartet schön auf sie, alles ist gut.“
Sofort fuhr Joke in die Klinik, Ute kam auch wieder. Ich telefonierte derweil wieder mit meiner Cousine und all meine Anspannung fiel von mir ab.
Als Joke dann mit Joris zurück kam, wurde seine Box im Büro aufs Bett gestellt und da mag er nun bleiben. 2 – 3 Wochen benötigt er intensive Betreuung und die soll er haben.
Die drei Katzen sind natürlich nicht damit einverstanden, das über Nacht die Türe verschlossen ist, sie kennen es nicht und ihrem Unmut darüber verliehen sie in der Nacht Ausdruck. Sie kratzten an der Türe und ich war damit beschäftigt, sie davon abzuhalten, damit Joris seine Ruhe hat.
Heute Morgen blickte er uns aus klaren Augen an. Mit seinem geschienten Bein kann er nicht wirklich etwas anfangen. Es schmerzt wohl und stört ihn. Ich habe ihm ein kleines Kissen aus Zewas gemacht und unter seinen Bauch gelegt, damit er etwas erhört liegt. Dies hat er angenommen und liegt jetzt darauf. Alle Termins haben wir abgesagt, um für ihn da zu sein. Er frisst, er trinkt, er schläft viel. Ein gutes Zeichen. Er ist also gekommen um zu leben.

 

Die Genesung

 

Seit zwei Tagen sitzt Joris nun in der Katzentransportbox.Er klagt nicht, kann er ja auch nicht.Wir versuchen ihm zu helfen, wo immer wir können. Nehmen ihn drei Mal am Tag heraus, hinein in unsere Hand. So soll er die Möglichkeit haben, seine Beine zu entspannen und es tut ihm gut.

 


Er genießt es und ist völlig entspannt. Er lässt sich füttern und freut sich, wenn man ihm den Wassernapf reicht. Es ist ja auch viel schöner nicht bei jedem Fress – und Trinkversuch umzufallen.
Joke hatte ihn heute Morgen beinahe eine Stunde in der Hand. Zuerst zitterte er ein bisschen, genau wie gestern bei mir, aber sobald er merkt, das wir es sind beruhigt er sich und schläft in unseren Händen friedlich ein.

 

 

Am kommenden Freitag müssen wir zu Nachuntersuchung, aber wir sind sicher, den einst stolzen und freien Vogel bald wieder fliegen zu sehen, auch wenn wir die Angst im Herzen tragen, das es ihm wieder geschehen könnte.
Aber er ist Joris, die fast weiße Taube, die freiwillig ihren Weg zu uns gefunden hat und die jederzeit frei entscheiden soll, wohin seine Flügel und Wege ihn tragen werden.

 

 

Joris kämpft um sein Leben

 


Manchmal weiß man nicht, wie eine Geschichte endet oder weiter geht.
Gestern ging es Joris noch gut und heute hätte er zum Tierarzt gemusst, aber ein Anruf gestern hat alles zunichte gemacht. Sein Termin ist verschoben worden auf Morgen.
Seit heute geht es ihm nicht gut. Er fällt immer hin, lässt die Flügel hängen, kann nicht mehr stehen.
Wir könnten den Arzt verfluchen.
Joke ist mit den Nerven runter, sie weint und ist verzweifelt. In ihren Augen stirbt Joris.
 

 

Wir haben ihn umgebettet. Er liegt jetzt in einem Körbchen, ausgelegt mit Binden, die saugen die Flüssigkeit besser auf.
Er liegt in der Sonne und schläft, hat Gesellschaft und hört andere Geräusche.
Er kämpft um sein Leben. Seine Wunde auf dem Rücken heilt gut, ich konnte heute das erste Stück Kruste und Federn entfernen, der Rest würde bald folgen.
Wir verstehen nicht, warum er mit einem Mal so schwach ist. Aber wenn es stimmt, was die Ärztin gesagt hat, dann hätte die Schiene schon Sonntag runter gemusst. Sie quält ihn, aber sie wollte nicht dran und der Arzt, der es gemacht hat, ist erst Morgen wieder da.
Nachdem er eine Weile geschlafen hat, hüpfte er aus dem Körbchen zum Futternapf, er fraß, trank und legte sich wieder hin.
Vielleicht entlasten die Küchentücher sein gesundes Bein ein wenig, auf jeden fall sah er eben doch wieder etwas besser aus.
Wir müssen abwarten. Joke weint immer noch. Wenn er den morgigen Tag überlebt, dann werde ich den Arzt fragen, was für Joris das Beste ist. Wenn er leidet, dann werde ich die Entscheidung treffen ihn einschläfern zu lassen. Joke kann das nicht und ich verstehe das.
Wir haben mit ihm um sein Leben in Würde und Freiheit gekämpft und das werden und würden wir auch weiter tun. Doch die Entscheidung liegt bei Joris und bei Gott. Entweder er darf leben oder er wird Morgen eingeschläfert, dann ist er würdig gestorben und wird einen würdigen Ruheplatz bekommen, oder er wird kämpfen und leben.
Unser Einfluss endet da, wo er aufgibt oder Gott sich entscheidet ihn zu sich zu holen.

 

Endlich beim Doktor



So, heute war es dann soweit. Endlich hat sich der Arzt Joris angesehen. Er ist etwas zu dünn auf der Brust. Die Brustmuskulatur ist bei Vögeln, die am stärksten ausgeprägteste. Weil Joris aber nicht fliegen darf oder kann, haben sich die Muskeln zurück gebildet. Er müsste auch mehr fressen, aber im Prinzip war der Arzt mit der Füllung des Magens zufrieden. Er hat Joris wieder geröntgt.
Am seinen Brüchen haben sich erste Knorpel gebildet, unter die setzt sich später der Kalk, der das Bein zusammen halten wird.
Nächste Woche Mittwoch müssen wir wieder hin, dann wird das Bein neu geschient. Es liegt an Joris, ob das wieder unter Narkose passieren wird, oder eben nicht.
Am lustigsten war wohl, das wir mit Joris ganz offensichtlich recht bekannt in der Praxis sind. Liegt wohl daran, das uns alle für echt verrückt halten, denn es gibt wohl nicht viele Menschen, die sich so um eine Taube bemühen würden, die ihnen nicht einmal gehört.
Jedenfalls kam eine Sprechstundenhilfe in den Raum, sah in die Kiste und meinte.
„Wo ist Joris denn?“
Ich stand mit offenem Mund da und konnte es nicht fassen, erwiderte aber, das er zum  röntgen ist.
Ein paar Minuten später war Joris wieder in seinem Korb und auch die junge Sprechstundenhilfe kehrte zurück. Wieder schaute sie in die Kiste und sagte.
„Ja, da bist du ja wieder.“
Tja, bekannt wie bunte Hunde oder eben belächelt wie verrückte Tierfans, ich weiß es nicht.
Unser Arzt meinte dann.
„Vielleicht ist Joris zu euch gekommen, damit er in einer Geschichte verewigt wird.“
Ich antwortete ihm, das ich ja Geschichten schreiben würde und er meinte, das er das wisse.
Lächelnd erklärte ich ihm am Ende, das die Geschichte von Joris schon längst fertig sei und im dritten Buch von Lola erscheinen würde.
Joke ist überglücklich, das es doch nicht zu dem gekommen ist, was sie am meisten geängstigt hatte. Joris wurde nicht eingeschläfert.
Jetzt müssen wir seine Füße massieren, damit die Lymphe besser abfließt, aber auch das werden wir gerne tun.
Auf das er ein langes und glückliches Leben haben wird.

 

Eine Geschichte endet

 

Leider enden Geschichten nicht immer so, wie wir uns das im Herzen wünschen.
Joris hat gekämpft, auch gestern noch. Er hat wohl uns zuliebe noch gegessen, aber er war schon viel zu schwach.
All unsere Mühen waren vergebens, es sollte wohl nicht sein.
Heute Morgen, am 07-November-2003, endet die traurige Geschichte des mutigen und tapferen Vogel Joris.
Wir kamen ins Büro, Joke schaute in sein Haus und sagte.
„Das gefällt mir nicht, so wie er da liegt.“
Ich schaute hinein und sah sofort, das er gestorben war. Joke wollte es nicht wahr haben, ich auch nicht, aber ich wusste, das sein Leben zu Ende war und er nun seine Freiheit hatte, auf eine andere Weise, wie wir uns das gewünscht hatten, aber jetzt hat er keine Schmerzen mehr und kann sicher wieder fliegen. Ein Geschenk, das wir ihm trotz alle Liebe und Mühe nicht geben konnten.
Weinend und völlig verzweifelt haben wir ihn auf dem Balkon begraben. Er wollte immer bei uns sein und deswegen habe wir beschlossen, das er auch am Ende bei uns sein darf.
Er liegt eingewickelt in ein schönes Handtuch im Topf der Hosta.
Zurück bleiben wir, mit Tränen in den Augen und einem Herz voller Fragen.
„Haben wir alles richtig gemacht?“
„Haben wir ihn vielleicht gequält, ohne es zu wollen?“
„Hätten wir ihn vielleicht sofort erlösen sollen?“
Eine Frage reiht sich an die andere.
Antworten gibt es keine, nur die Hoffnung, das er jetzt das hat, um das er so verzweifelt gekämpft hat.
Ein Leben in Freiheit, dem Himmel nahe sein und fliegen, wohin auch immer er fliegen möchte.
In unseren Herzen bleibt er der mutige, tapfere und kämpferische Vogel, als den wir ihn erlebt haben.

Never forget.
 

Der letzte Ruheplatz
 

 

Copyright by Monika Bahr 20-Oktober-2003 

 

 

 

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